Ich sollte es eigentlich wissen: afrikanische Zeit ist nicht gleich europäische Zeit. Wenn es heisst, um 5:20 Uhr bereit für die Abholung zu sein, heisst das noch nicht, dass dann wirklich jemand kommt. Somit warte ich - der Wecker bimmelte mich um 5:00 Uhr aus dem Schlaf und doch schlafe ich fast wieder ein. Bill leistet mir aber Gesellschaft, zusammen diskutieren wir oder schauen schweigend den klaren Sternenhimmel an. Kurz vor 6:00 Uhr rumpelt es auf der Schotterpiste und Scheinwerfer bahnen sich den Weg zu unserem Camp. Zeit, einzusteigen. Wir fahren zum Startplatz der Ballone und nebenbei ist dies eine Morgen-Pirschfahrt. Wir sehen Hyänen, Schakale und sogar ein Hippo im Grasfeld herumlaufen. Beim Startplatz angekommen schickt mich der Fahrer zum hintersten Ballon. Dort angekommen, lerne ich ein Schweizer Paar kennen; zusammen und mit weiteren Gästen (vorab Australier, Engländer und Franzosen) verbringe ich diesen Morgen.

Unser Ballon ist als letzter startklar, der Einstieg in der Horizontalen ist abenteuerlich. Schliesslich hat der Ballon genug Auftrieb und mit einigen Bodenhopsern steigen wir auf. Ich habe eine Einzelbox und geniesse den freien Raum ausgiebig. Wir schweben sanft dahin, die Ruhe wird nur unterbrochen durch den Feuerschub des Piloten. Ansonsten traumhaft. Natürlich sind wir dem Wind ausgesetzt und können nicht über die Gnu- und Zebraherde zur rechten oder den Elefanten zur linken Seite fliegen.

Lange passiert nichts Aufregendes unter unserem Ballon. Erst gegen Ende fliegen wir nahe an einem grossen männlichen Löwen vorbei. Er scheint gerade mit dem Morgenessen fertig zu sein. In der Nähe tummeln sich Hyänen und Schakale um die Überreste.


Nach gut einer Stunde Flugzeit ist (leider) schon wieder Zeit für den Abstieg. Jetzt hatten die über eine Stunde, bis der Ballon startklar war und dann dieser kurzer Flug. Der Aufwand scheint mir höher als der Ertrag. Egal, wir landen wie wir gestartet sind in horizontaler Lage ohne Probleme auf einem Feld. Die Fahrzeuge stehen bereit und bringen uns zur nächsten Strasse, wo wir mit Champagner empfangen werden. Der Oberchef der Piloten hält eine Ansprache und erläutert den Grund, wieso man nach einer erfolgreichen Ballonfahrt mit Champagner anstösst. Ich höre aber nicht genau hin, denn die Wildnis interessiert mich mehr. Nur sollte er sich langsam beeilen mit seiner Rede, sonst wird der edle Tropfen noch warm. Nach einem gehörigen Schluck auf den nüchternen Magen :sick: setzen wir die Reise fort. Unter einem grossen Akazienbaum steht das Frühstück für uns bereit. Wahnsinn, was die für uns alles bereit gestellt haben. Das Morgenessen ist typisch britisch: Würstchen, Eier, Bohnen, Speck, Toast. Dazu gibt's Saft, Champagner und Kaffee/Tee.

Nach dem Morgenessen steigen wir wieder in unsere Fahrzeuge. Als ich mich setze, fährt ein anderes Auto an uns vorbei und ich höre ein lautes 'Sveeeeeeen'. Alyson sucht nach mir. Ich rufe zu unserem Fahrer, dass dies meine Gruppe ist und mich jetzt schon verabschieden kann. Nichts da, ich muss bis zur Fahrt ins Info-Zentrum warten. Naja, dann halt... :huh: Dort angekommen, verabschiede ich mich vom Schweizer Paar und werde von Diane mit einer herzlichen Umarmung begrüsst. Natürlich wollen alle wissen wie es war und was ich gesehen habe. Wir tauschen unsere Morgensichtungen aus. Die Zeit ist fortgeschritten, wir machen uns auf den Weg Richtung Ngorongoro Krater und lassen die Serengeti langsam hinter uns. Aber wir fahren nicht den direkten Weg hinaus, sondern machen noch einen Abstecher zu den Kopjes (danke Picco, dank deinem Reisebericht weiss ich jetzt auch die richtige Bezeichnung dieser Steinhügel :) ), die verstreut in der Gegend liegen. Godfrey steuert jeden Kopje langsam an und wir alle schärfen unsere Augen. Vielleicht finden wir ja was. Aber ausser einer einsamen Gazelle sehen wir nichts. Beim letzten Steinhügel aber hat sich unsere Mühe gelohnt: von weitem sehen wir ein Löwenpärchen, welches auf einem grossen Stein unter einem Baum liegt und döst.


Wir fahren näher und werden weiter überrascht: auf einem weiteren Kopje sind ca. 5 Teenies und eine Löwin, auf einem kleineren Hügel drei Jungtiere und im Gras liegt ein ausgewachsener Löwe. Wir sind nun mittendrin bei einer Löwenfamilie - und das ganz alleine! :woohoo: :woohoo:



Wir beobachten in aller Ruhe die Löwen; einige liegen faul herum, andere sind aktiver unterwegs. Als wir den Steinhügel umkurven, bleiben wir im Schlamm stecken :ohmy: , zum Glück ausser Sichtweite der Löwen. Godfrey muss aussteigen, um den 4-Rad einzuschalten, was bei den Frauen ziemlich Panik auslöst, schliesslich lauern da draussen Fressmaschinen. Aber Godfrey tut dies in aller Ruhe und Routine und wir können uns befreien. Nochmals schauen wir den Löwen von der anderen Seite zu. Ein weiteres Weibchen taucht auf. Somit zählen wir zwei männliche und drei weibliche erwachsene Löwen, dazu ca. fünf Teenies sowie drei Babys.




Diese einsame Begegnung unter den Löwen ist ein würdiger Abschluss der Serengeti. Nicht weit davon, ca. 200m entfernt, nehmen wir unser Lunch ein. Die Damen sind immer noch beunruhigt - so nahe, nein danke, ich bleib im Auto! Naja, um es vorweg zu nehmen: wir konnten lunchen ohne gelyncht zu werden. :P

Wir fahren denselben Weg zurück, entsprechend sehen wir auch wieder die gleichen Tiere. Auch die Maasai's sind unterwegs, entweder mit ihren Herden oder dann warten sie am Strassenrand. Einige sind sogar (irgendwie furchterregend) geschminkt. Ich meine Bill so verstanden zu haben, dass das 'Priester' sind und wenn man ihnen ein paar Dollars gibt, werden wir bei der Weiterreise vor Unglücken und schlimmen Ereignissen bewahrt. Offenbar glaubt Godfrey nicht an diesen Hokuspokus und so fahren wir ohne Unterbrechung an ihnen vorbei, was diese mit lautem Rufen und erhobenen Fäusten goutieren. Offenbar sind wir jetzt verflucht. :dry: Am späteren Nachmittag treffen wir im Camp auf dem Rand des Ngorongoro Kraters ein. Es weht ein kühler Wind, aber die Sonne scheint (noch). Nach der Dusche treffen wir uns für ein Apero draussen. Unseren Guide, Bill, erkennen wir fast nicht mehr. Dick eingepackt und mit Mütze sorgt er bei uns schwitzenden Bleichgesichter für Erheiterung. Während des Nachtessens regnet es für eine halbe Stunde in Strömen, zum Glück haben wir ein dichtes Dach über dem Kopf. Aber auf das vorbereitete Lagerfeuer müssen wir heute Abend verzichten. :(